Ein Kollege, erfahrener Psychotherapeut und Mediator für Schulklassen, wurde gebeten, eine Schulklasse der 7. Jahrgangsstufe zu moderieren und einen Vormittag lang deren Konflikte zu bearbeiten. Er hatte bereits eine Vorbereitungsstunde in der Klasse gehabt, in der es mehr als mühsam war, das Ziel zu erreichen. Die Klasse war laut, chaotisch und ließ sich nur schwer steuern, obwohl es sogar eine eher kleine Klasse von unter 20 Schülern war. Der Vormittag zum Thema Konfliktlösung wurde von der Schulleitung ermöglicht, weil es auch für alle Lehrer sehr schwer war, mit der Klasse zu arbeiten.
Mein Kollege hatte Schiss – der Vormittag drohte hart zu werden. Lauter wild pubertierende Jugendliche, ein paar ADHSler, wie der Schulalltag halt so ist, und bat mich, einfach mitzukommen und SKY anzuwenden. Genau das machte ich. Ich saß präsent und schweigend mit im Kreis und ging von Anfang an in meinen SKY. Bei der Vorstellungsrunde war ich schon längst mittendrin. Ich gehöre zu denen, die bei SKY nicht so viele Details wahrnehmen, aber manches hat sich mir erschlossen, worauf ich so nie gekommen wäre. Bei einem hochintelligenten ADHS-Jungen nahm ich eine unglaubliche Trauer wahr, dass er seine Begabungen nicht zum Einsatz bringen kann. Ein anderer Ruhestörer, der ständig an jedermanns Sachen herumfummelte, Briefe und Unterlagen las, die nicht für ihn bestimmt waren, also irgendwie die Grenzen der anderen nicht beachtete, wurde mir in seiner ganzen Sehnsucht nach körperlicher Nähe bewusst und mit seiner Unbeholfenheit, sich diese zu verschaffen. Später las ich in den Unterlagen, dass er als Frühgeburt zur Welt gekommen war. Das spricht für sich.
Durch den fast permanenten Einsatz von SKY konnte ich meinem Kollegen sofort die Ruhe zum Arbeiten verschaffen. Es gab mehrmals Momente, wo man draußen die Vögel zwitschern hören konnte. Die Klasse nahm das selbst höchst erstaunt zur Kenntnis. Das war total neu. Alle hörten einander zu, die Konflikte ließen sich so schnell klären, dass am Ende Zeit übrig war. Wir wagten dann eine Übung, bei der sich ein Kind auf eine Decke legt und die anderen diese vorsichtig anheben und das Kind wiegen. Selbst das ging jetzt problemlos und vor allem gefahrlos für die Gewiegten. Auf den Gesichtern der in der Decke Gewiegten lag oft ein seliges Lächeln, das sie sich als 7-Klässler kaum eingestehen konnten.
Der eine vormalige Ruhestörer lümmelte nun in der Pause in engem körperlichem Kontakt mit Mitschülerinnen und Mitschülern auf einem kleinen Sofa und genoss körperliche Nähe ganz ohne Ärgern.
Insgesamt ein sehr befriedigender Vormittag, der anstrengungslos und schnell verging.
Nach 6 Wochen kam nun folgendes Feedback: Die Klasse ist nachhaltig viel ruhiger geworden. Streitigkeiten, "sich gegenseitig Ärgern" und andere Spannungen haben erheblich abgenommen. In diesen Prozess konnten auch die Schüler integriert werden, die wegen Krankheit nicht an der Mediation teilgenommen hatten. Einer von ihnen war als einer der "Haupt-Störenfriede" bezeichnet worden. Die Klasse ist kompetent darin geworden, Ruhe wieder herzustellen, wenn das Chaos mal wieder ausbricht.
Insgesamt war diese Mediation also sehr erfolgreich! Nun ist es so, dass parallel zu dieser Klasse eine weitere chaotische Klasse eine Mediation bekam, bei demselben Mediator. Diese Mediation wurde ohne SKY durchgeführt. In der Nachbesprechung waren sich zwar alle einig, dass dieser Vormittag zwar was gebracht habe, aber leider nicht nachhaltig wirksam war. Zwei Klassen – das ist ja keine wissenschaftliche Stichprobe, aber doch schon aussagekräftig genug!!!!
Schreibe einen Kommentar